Algorithmen – diesen Ausdruck haben die meisten Menschen schon einmal gehört. Der Begriff kommt aus der Informationstechnologie und findet deshalb auch im Projekt bergisch.smart_mobility häufig Verwendung, besonders im Bereich der Künstlichen Intelligenz (KI), die für die smarte Mobilität der Zukunft eine entscheidende Rolle spielt. Doch was genau ist ein Algorithmus und welchen Zweck erfüllt er? Was ist die Monte-Carlo-Simulation und wie hilft sie unserem Projektpartner Aptiv bei der Entwicklung intelligenter Bordnetzwerke in Fahrzeugen?

Was ist ein Algorithmus?

Ein Algorithmus ist, vereinfacht erklärt, eine eindeutige und strukturierte Handlungsanweisung bzw. -vorschrift zur Lösung einer Problemstellung oder Aufgabe. Algorithmen des menschlichen Alltags sind demnach zum Beispiel Bauanleitungen für Möbelstücke oder die Anweisungen eines Navigationssystems an Autofahrer, um das gewünschte Ziel zu erreichen. Genau wie ein Mensch eine Handlungsanweisung benötigt, um eine Aufgabe zu lösen, verhält es sich mit einem Computer. Damit dieser Befehle ausführen und Aufgaben lösen kann, benötigt auch er Algorithmen. Dabei gilt: Je genauer die Anforderungen in einen Algorithmus eingegeben werden, desto bestimmter ist die Ausgabe des gewünschten Ergebnisses vom Computer.
Werden verschiedene Algorithmen geschickt miteinander verbunden, entstehen daraus komplexe Systeme, die in der modernen Welt bereits vielfältige Aufgaben übernehmen – beispielsweise automatisierte oder gar autonome Einparkfunktionen von Fahrzeugen. Solche Einparksysteme müssen gründlich geprüft werden, bevor sie tatsächlich im Straßenverkehr zum Einsatz kommen. Durch die hohe Komplexität dieser Systeme ist es allerdings sehr aufwendig, ihre Funktionsfähigkeit nachzuweisen – selbst wenn diese Prüfungen automatisiert und in einer simulierten Umgebung erfolgen. Damit der Umfang dieser langwierigen Prüfungen auf ein zeitlich erträgliches Maß reduziert werden kann, finden dazu verschiedene mathematische Verfahren Anwendung.

Wie funktioniert die Monte-Carlo-Simulation?

Sind in einer Prüfsituation viele der Umgebungsparameter (z.B. zeitliche Zusammenhänge, unerwartete äußere Einflüsse etc.) unbekannt oder nur sehr aufwendig zu ermitteln, bieten Simulationen, die nach dem Zufallsprinzip arbeiten, eine Lösung des Problems. Ein bekanntes Verfahren für solch eine Zufallsprinzip-Simulation ist die, nach der gleichnamigen Spielbank in Monaco benannte, Monte-Carlo-Simulation (auch stochastische Szenarioanalyse genannt). Die Basis dieses Simulationstyps ist eine große Anzahl durchgeführter gleichartiger Zufallssimulationen, die mit einer gewissen Wahrscheinlichkeit zu einem relativ guten, angenäherten Ergebnis für das anfangs gestellte Problem gelangen. Es werden dabei also komplexe Problemstellungen mit Hilfe der Wahrscheinlichkeitstheorie gelöst.

Intelligente Fahrzeugarchitektur und fahrzeuginterne Datenübertragung

Im Rahmen des Projekts bergisch.smart_mobility befassen sich spezielle Teams mit der Konzeption einer intelligenten Fahrzeugarchitektur und so auch mit einer Reihe von Strukturen und Algorithmen, die komplex in unterschiedlichen Rechnersystemen miteinander verwoben sind. Dies ist beispielsweise im Bereich der fahrzeuginternen Datenübertragung der Fall, bei der die verschiedensten Fahrzeugkomponenten miteinander Informationen in Form von Datenpaketen austauschen. Diesen Datentransfer gilt es zu koordinieren, damit ein reibungsloser Datenfluss erfolgen kann. Beim Konzipieren dieser Koordination treten allerdings immer wieder viele Unwägbarkeiten auf, die in der Planungsphase nicht eindeutig bestimmt werden können.
Ein vergleichbares Beispiel aus dem Alltag ist das Konzept der Straßen- und Stadtplanung, bei der Menschen, Straßen, Ampeln etc. miteinander koordiniert werden müssen, um Staus, Kollisionen und andere Zwischenfälle zu vermeiden, die den Verkehrsfluss behindern. Trotz gründlicher Planung kann es im Straßenverkehr schließlich trotzdem zu stockendem Verkehr oder anderen Unwägbarkeiten kommen.

Das Datenstau-Problem

Speziell bei der Vernetzung von Rechnersystemen kommt es bei der Kommunikation untereinander zu ebenfalls zu solchen Unwägbarkeiten, die kaum vorab bestimmt werden können. Die unterschiedlichen Datenströme der Geräte können stark in Anzahl und Häufigkeit schwanken. So kann es passieren, dass mehrere vernetzte Geräte gleichzeitig große und zeitkritische Daten versenden möchten und es so zu einem Stau im Netzwerk kommt. Dabei können Datenpakete sich stark verspäten oder gar verloren gehen. Dieses Problem der Ungewissheit bei der Übertragung der Kommunikationsdaten ist eine klassische Aufgabenstellung für die Monte-Carlo-Simulation. Diese spielt dann eine enorme Anzahl von zufälligen Experimenten durch, ermittelt auf Basis der Stochastik verschiedene Lösungsansätze für das Datenstau-Problem und gibt Hinweise zu deren Eignung.

Das Monte-Carlo-Prinzip in der Simulationssoftware

Für die Arbeit im Projekt bergisch.smart_mobility im Bereich der intelligenten Fahrzeugarchitektur wird eine Simulationssoftware für Automotive-Netzwerke eingesetzt, um die fehlerfreie Kommunikation verschiedener Komponenten innerhalb eines Fahrzeugs zu gewährleisten. Diese Software verwendet u.a. das Monte-Carlo-Prinzip zur Simulation verschiedener Szenarien der Datenübertragung. Bevor die eigentliche Simulation beginnen kann, wird sie durch eine umfangreiche Konfiguration auf die vorab bestimmten Gegebenheiten angepasst. Dabei werden bekannte Parameter als Basis verwendet, zum Beispiel welche Geräte mit welcher Geschwindigkeit miteinander vernetzt und welche Datenströme wie häufig zu erwarten sind. Zudem wird vor Beginn der Simulationszeitraum festgelegt. Des Weiteren wird die Ausrichtung konfiguriert, also das Ziel, auf das bei der nachfolgenden Simulation der Fokus gerichtet werden soll.
Sobald die Simulation begonnen hat, werden sehr große Mengen an Möglichkeiten durchkalkuliert und letztendlich zur Auswertung zusammengefasst. Dies kann, je nach Konfiguration, wenige Minuten bis hin zu mehreren Tagen dauern. Dank der hohen Rechengeschwindigkeit der Simulation, können so in kurzer Zeit Szenarien für den Zeitraum vieler Wochen, Monate oder gar Jahre durchsimuliert werden.

Nach Ablauf der Simulation werden die entsprechenden Ergebnisse sowie die dazu berechneten Simulationsdaten vorgeschlagen. Diese Ergebnisse geben Hinweise darauf, wie die vernetzten Geräte im Fahrzeug (Rechnersysteme) und die verbindenden Verknüpfungspunkte (Switches) optimal konfiguriert werden können, um Staus, Kollisionen oder Verluste von Daten im Gesamtnetzwerk zu verhindern oder ihr Auftreten zumindest bestmöglich zu verringern. Obwohl die Simulationssoftware bei der Konfiguration eines Netzwerks ein sehr wertvolles Werkzeug darstellt, bedarf es letztendlich dennoch eines analytischen Entscheiders, also eines erfahrenen Netzwerkspezialisten, um aus den ermittelten Ergebnissen eine praktikable Lösung auszuwählen. Der Nachweis über die Qualität und Eignung der gewählten Konfiguration wird dann am realen System erbracht.

Autoren: Dariusz Bilinski ( Aptiv Services Deutschland GmbH), Carina Roßmeier (Bergische Struktur- und Wirtschaftsförderungsgesellschaft mbH)