Teilprojekt 1:
SMART VEHICLE ARCHITECTURE & ON DEMAND SERVICE
Große OEMs (Original Equipment Manufacturer) wollen in einigen Jahren fahrerlose City-Mover auf den Markt bringen. Zum einen muss bis dahin die Technologie in serientauglicher Form produzierbar und zum anderen sollen die „On Demand Services“ bzw. „Ride Hailing“ als neue Geschäftsmodelle bis dahin nahtlos verfügbar sein. Diese Parallelität der Technologie- sowie Geschäftsmodellentwicklung adressiert das Teilprojekt 1.
In diesem Teilprojekt werden konkret folgende Themen adressiert:
- Smart Vehicle Architecture – Konzeption intelligenter Fahrzeugarchitektur
- Thermal Solutions – Thermisches Management zentraler Rechenplattformen
- Interior Sensing – Maschinelles Lernen für die Fahrzeug-Innenraumüberwachung
- On Demand Ride Hailing Services – ÖPNV Dienste auf individuelle Anfrage
- Dynamische Routenplanung für On Demand Ride Hailing Services
Smart Vehicle Architecture – Konzeption intelligenter Fahrzeugarchitektur
Der Markterfolg automatisierter Fahrzeuge hängt stark von der kommerziellen und technischen Realisierbarkeit dieser komplexen Fahrsysteme ab. Die ersten Serienanwendungen werden sowohl im Premiumsegment als auch bei sogenannten People Movern, die rund um die Uhr von Flottenbetreibern eingesetzt werden, stattfinden und darauf folgend im sogenannten Volumensegment ein weites Anwendungsfeld finden. Erst durch den breiten Einsatz solcher Anwendungen werden die erwarteten gesellschaftlichen Vorteile (z.B. Reduzierung schwerer Unfälle; besserer Verkehrsfluss, geringerer Energieverbrauch, Mobilität im Alter) in Erscheinung treten.
Die elektrische und elektronische Fahrzeugarchitektur (EEA) wurde in den vergangenen Dekaden eher evolutionär vorangetrieben. Komfort- und Sicherheitsfunktionen kamen stetig hinzu, letztere getrieben durch gesetzliche Vorgaben und den vom Käufer beachteten Euro-NCAP Sicherheitstest. Sobald sich eine Funktion einer bestimmten Marktdurchdringung erfreute, z. B. die Einparkhilfe, wurde sie zumeist in ein anderes Steuergerät integriert. Dadurch stieg zum einem die Komplexität der Steuergeräte, zum anderen stießen diese in verschiedenen Bereichen an das heutige technische Limit. Dennoch wuchs die Zahl der nötigen Steuergeräte auf bis zu 120 Stück pro Fahrzeug, wodurch das Maximum bedingt durch benötigten Bauraum, benötigte Versorgung mit Leistung und Daten sowie das sie umgebende Luftvolumen zur passiven Kühlung, etc. erreicht ist. Beginnend mit der Stufe 3 des automatisierten Fahrens nimmt die Sensorik und Aktuatorik stetig bis hin zur höchsten Stufe 5 zu.
Die EEA wird im Rahmen des Projekts unter den Vorgaben funktionaler Sicherheit, Gewicht, Bauraum, Kosten und Skalierbarkeit komplett neu definiert. In enger und regelmäßiger Abstimmung mit verschiedensten Automobilherstellern von allen Kontinenten, werden die Anforderungen der unterschiedlichen Fahrzeugsegmente an zukünftige EEA regelmäßig abgeglichen, um die spätere Serienumsetzung mit den Vorteilen wie Standortsicherung und Arbeitsplatzschaffung zu garantieren. Verschiedene mögliche Architekturen werden dann unter Verwendung von Simulationssoftware aufgebaut und auf ihr Verhalten hin untersucht.
Bisherige Bordsysteme von Autos berücksichtigen Ausfallsicherheit und Redundanz nicht. Des Weiteren müssen die Vielzahl von Sensoren und Steuergeräte durch eine neue Satellitenstruktur ausfallsicher und robust verkoppelt werden. Auch die Hochleistung-Computing-Plattformen für KI-Algorithmen des automatisierten Fahrens erfordern neue Architekturkonzepte unter Berücksichtigung der thermischen Kühlung.
Thermal Solutions – Thermisches Management zentraler Rechenplattformen
Aptiv ist einer der Hauptanbieter komplexer Rechenplattformen, welche die Hauptkomponenten für das automatisierte Fahren darstellen. Eine Herausforderung an solche Rechenplattformen ist das Management der durch die Verlustleistungen der Bauteile erzeugten Wärme. Dabei hat sich die Nutzung der aktiven Wasserkühlung bei heutigen Plattformen als sehr effektiv erwiesen. Für die Nutzung im Volumensegment mit den besonderen Herausforderungen an Kosten und Baugröße müssen die heutigen Lösungsansätze erheblich weiterentwickelt werden. Im Rahmen dieses Arbeitspaketes sollen die zu bewältigenden Herausforderungen analysiert und mögliche Lösungsansätze unter Einbindung der lokalen metallverarbeitenden Industrie und Forschung aufgezeigt werden.
Interior Sensing – Maschinelles Lernen für die Fahrzeug-Innenraumüberwachung
Unter Interior Sensing oder Fahrzeug-Innenraumüberwachung versteht man das Erfassen und Analysieren des Zustandes des Innenraums eines Fahrzeugs und insbesondere der Personen in einem Fahrzeug mittels Sensorik. Bisher werden diese Aufgaben in Taxis oder Ride-Hailing-Services (Uber, Lyft,…) von menschlichen Fahrern neben der Fahraufgabe übernommen. Der Fahrer ist verantwortlich für die Sicherheit der Passagiere, überwacht die Belegung und Sauberkeit der Kabine, erinnert an zurückgelassene Gegenstände, kann auf den Verfassungszustand der Fahrgäste angemessen reagieren, gibt Informationen und Tipps zur Umgebung oder fungiert als sozialer Kontakt.
In zukünftigen Mobilitätskonzepten mit automatisierten Fahrzeugen ohne menschlichen Fahrer müssen technische Lösungen die Sicherheit und Zufriedenheit der Kunden garantieren und nicht nur die Fahraufgabe des Fahrers übernehmen. Die Grundlage für konkrete technische Umsetzungen liefern maschinelle Lernverfahren, welche die komplexen Zusammenhänge aufgrund von umfangreichen Beispieldatensätzen erlernen und generalisieren können. Der Fokus in diesem Arbeitspaket wird auf bildbasierten Verfahren liegen und exemplarisch grundlegende Funktionalitäten in Form von Prototypen praktisch umsetzen.
On Demand Services als neues Geschäftsmodell & Dynamische Routenplanung
On-Demand-Ride-Hailing-Service (ODS) beschreibt ein neues Mobilitätsangebot, das Personen in einem definierten Gebiet linienungebunden von einem frei gewählten Start- zu einem frei gewählten Endpunkt fährt. Gesteuert wird der On-Demand-Verkehr über einen Algorithmus, der in der Software, die ebenfalls die App steuert, hinterlegt ist. In der App können die Kunden ihre Fahrtwünsche eingeben und werden über einen Algorithmus gemeinsam befördert. Dieser Algorithmus kommuniziert ebenfalls mit den Endgeräten des Fahrpersonals, sodass diese ihre Fahrtroute und die entsprechenden Kunden erhalten. Eine fundierte algorithmische Entscheidung bzgl. einer Routenplanung hängt dabei von vielen Einflussfaktoren ab. Diese lassen sich grob in folgende Kategorien einteilen: Die (im Verlauf des Projekts stark wachsende) Nachfrage nach Ride-Hailing-Diensten, das Verkehrsaufkommen und das zu erwartende Nutzerverhalten (z.B. Fahrtlänge, Start-Ziel Kombinationen, Trajektorien). Die Qualität der Routenplanung hängt dabei entscheidend von einer guten Prognose zukünftiger Fahrtanfragen ab.
Neben der Entwicklung und Erprobung der Softwarelösung inkl. der Algorithmen wird im Rahmen des Projekts auch die Akzeptanz von On-Demand-Services in der Bevölkerung analysiert.